J. P. Morgan wittert neue Chancen in der Schweiz
Die Märkte schwanken, die Inflation ist noch nicht gebannt – und doch sieht J.P. Morgan Asset Management in Europa, insbesondere der Schweiz, enormes Potenzial, wie Patrick Thomson, EMEA-Chef beim amerikanischen Asset Manager, im Interview mit finews.ch sagt.
Herr Thomson, die Märkte sind derzeit von Unsicherheit geprägt. Was raten Sie Investoren?
Sie sollten sich nicht von Schlagzeilen leiten lassen, sondern aktiv investiert bleiben. Gerade in volatilen Phasen ist das entscheidend.
Weshalb?
Wer sich am Vortag des sogenannten «Liberation Day» zurückgezogen und keine Nachrichten verfolgt hätte, würde sich heute wundern: Was war eigentlich das Problem? Der S&P 500 ist seither um rund sechs Prozent gestiegen.
Also viel Lärm um nichts?
Nicht ganz – aber überraschend ist die Entwicklung nicht. Wir sagen seit Längerem, dass die Volatilität zunehmen und das Risiko steigen wird. Umso wichtiger ist es, den Blick auf die langfristigen Ziele zu richten. Investoren müssen sich bewusst sein, was sie mit ihren Anlagen erreichen wollen – dabei unterstützen wir sie. Emotionale Reaktionen sind in solchen Zeiten der schlechteste Ratgeber.
«In Europa ist derzeit viel in Bewegung – und das durchaus zum Positiven. »
Wie genau unterstützen Sie Ihre Kunden dabei?
Wir haben das «Market Insights Program» entwickelt – ein speziell auf Anleger zugeschnittenes Informationsangebot. Ein Expertenteam analysiert laufend aktuelle Themen und gibt Orientierung, insbesondere in turbulenten Marktphasen.
Sehen Sie in Europa neue Chancen?
Unbedingt. In Europa ist derzeit viel in Bewegung – und das durchaus zum Positiven. Besonders Deutschland steht im Fokus. Das Bewusstsein für die Stärken Europas im Vergleich zu den USA oder Asien ist gewachsen. Die EU verfügt über 450 Millionen Bürgerinnen und Bürger – mit einem riesigen Sparvolumen. Über zwei Billionen Euro davon liegen in bar. Damit lässt sich viel bewegen.
Wie wichtig ist es, dass die neue deutsche Regierung Erfolg hat?
Die Erwartungen sind hoch, und die Herausforderungen ebenfalls. Doch es herrscht weitgehend Einigkeit unter den führenden europäischen Staaten, dass die aktuelle Situation auch eine große Chance ist – um wirtschaftliches Wachstum wieder ins Zentrum der Politik zu rücken. Das stimmt optimistisch.
Aber wie kommt Europa zurück auf den Wachstumspfad?
Indem Prozesse effizienter gestaltet und technologische Innovationen vorangetrieben werden. Das Kapital dafür ist vorhanden – wir verwalten mit 3,7 Billionen Dollar eines der grössten aktiven Vermögen weltweit. Diesen Handlungsspielraum setzen wir im Interesse unserer Kunden ein. Europa sehen wir als stabilen Investitionsstandort mit hervorragender Infrastruktur – und genau das wünschen sich auch unsere Kunden.
«Die Schweiz ist für uns ein klarer Fokusmarkt.»
Lassen Sie uns über Private Markets sprechen. Welche Rolle spielen diese bei Ihnen?
Wir verwalten global rund 500 Milliarden Dollar in privaten Märkten – und das seit über 60 Jahren. Wir verstehen das Geschäft. Insbesondere in Europa sehen wir aktuell attraktive Voraussetzungen. Im März haben wir einen ELTIF (European Long-Term Investment Fund) lanciert – das erste von mehreren Produkten, die auch Privatanlegern den Zugang zu Private Markets erleichtern.
Weshalb gerade jetzt?
Es ist eine gute Zeit, das Portfolio breiter aufzustellen – weg von der Abhängigkeit gegenüber Anleihen und Aktien. Private Markets bieten Diversifikation und auch einen gewissen Schutz gegenüber Inflation. Und wir glauben: Die Gefahr steigender Inflation ist noch nicht gebannt.
Wird die Inflation zuerst in den USA wieder anziehen?
(lacht) Wenn ich das wüsste … Fakt ist: Die Unsicherheit bleibt hoch, die Volatilität ebenfalls. Eine verlässliche Prognose ist aktuell kaum möglich, aber die Risiken sind real.
Wie läuft das Geschäft in der Schweiz?
Ausgezeichnet. Wir betreuen institutionelle Investoren, Vermögensverwalter und private Kunden über verschiedene Plattformen. Die Schweiz ist ein hochentwickelter Markt mit starken Unternehmen und einer ausgeprägten Spartradition – für uns ein klarer Fokusmarkt.
Wo sehen Sie die grössten Chancen?
Ganz klar im institutionellen Vermögensmanagement. Die Schweiz hat in diesem Bereich bereits viel erreicht – aber das Potenzial ist noch nicht ausgeschöpft.
J. P. Morgan Asset Management gilt als attraktiver Arbeitgeber. Was tun Sie, um Talente zu gewinnen und zu halten?
Es ist eine Kombination aus Vielfalt, Entwicklung und Führung. Wir sind bekannt für unser diverses Team und unser starkes Engagement in der Personalentwicklung. Ich selbst bin seit 1995 im Unternehmen – weil ich immer wieder neue Chancen und Verantwortung übernehmen durfte. Das unterscheidet uns von vielen anderen.
Ist es heute schwieriger, gute Leute zu finden?
Wir wissen, wen wir suchen – und bekommen in der Regel auch die passenden Kandidaten. Unser Auswahlprozess ist vielleicht etwas länger als bei anderen, aber das ist bewusst so: Wir wollen sicherstellen, dass die Talente zu uns passen.
Wie verankern Sie sich regional in der Schweiz?
Wir sind mit großen Büros in Zürich und Genf vertreten. Diese Präsenz hilft uns enorm, die Bedürfnisse der Kundschaft vor Ort zu verstehen – und entsprechend darauf zu reagieren.
Patrick Thomson ist Chief Executive Officer EMEA & Head of EMEA Client bei J. P. Morgan Asset Management.