Gold – ein neues aufsichtsrechtliches Asset für Basel III?
Gold erfüllt längst die technischen Voraussetzungen als krisenresistentes Asset – doch regulatorisch bleibt es aussen vor. Arthur Jurus von ODDO BHF, plädiert in seinem Beitrag für finews.first für ein Umdenken: Die Schweiz könne Gold im Basel-III-Rahmen gezielt aufwerten – und sich damit einen strategischen Vorteil sichern.
In dieser Rubrik nehmen Autorinnen und Autoren Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen.
Die jüngste gesetzgeberische Initiative der Schweiz, die der Bundesrat am 6. Juni 2025 in die Vernehmlassung schickte und die darauf abzielt, die Eigenkapitalanforderungen für ausländische Tochtergesellschaften der UBS zu verschärfen – mit einem geschätzten zusätzlichen Bedarf von 25 Milliarden Franken – hat die Diskussion über die Basel-III-Regulierung neu entfacht.
Das Regelwerk, das nach der Finanzkrise 2008 entwickelt wurde und 2025 vollständig in Kraft tritt, definiert neue Standards für die Finanzstabilität von Banken, insbesondere durch die Kategorie der Hochqualitativen Liquiditätsaktiva (High Quality Liquid Assets, HQLA), die zur Deckung von Liquiditätsbedarfen in Stressphasen vorgesehen sind.
«Gold ist eines der liquidesten und am meisten gehandelten Vermögenswerte weltweit.»
Gold erfüllt zwar nahezu alle technischen Kriterien, die für eine Einstufung als HQLA erforderlich sind, ist jedoch weiterhin formell von dieser Kategorie ausgeschlossen. Diese Tatsache wirft zunehmend Fragen auf, da sie als realitätsfern im Verhältnis zur Marktpraxis gilt.
Gold ist eines der liquidesten und am meisten gehandelten Vermögenswerte weltweit, mit einem täglichen Handelsvolumen von über 200 Milliarden US-Dollar. Es ist zudem frei von Kredit- oder Emittentenrisiken und wird als Sicherheiteninstrument in Finanzierungs- und Derivatgeschäften weithin akzeptiert.
Bilanztechnisch wird Gold bereits vorteilhaft behandelt: Es gilt in Bankbilanzen – sowohl nach dem Standardansatz als auch dem fortgeschrittenen Ansatz – als risikofreier Vermögenswert und erfordert daher keine zusätzliche Eigenkapitalunterlegung.
«Eine Änderung des regulatorischen Status würde eine strategische Chance für die Schweiz darstellen.»
Dennoch bleibt Gold vom sogenannten Common Equity Tier 1 (CET1) – dem harten Kern des regulatorischen Eigenkapitals, das ausschliesslich aus Stammaktien und einbehaltenen Gewinnen besteht – ausgeschlossen. Diese Abgrenzung ergibt sich aus der Natur des CET1, trägt jedoch dazu bei, dass Gold trotz seiner offensichtlichen Qualitäten am Rande des Basel-III-Rahmens bleibt.
Eine Änderung des regulatorischen Status würde eine strategische Chance für die Schweiz darstellen – ein zentrales Zentrum für Raffination, Handel und Lagerung von Gold. Durch die formelle Anerkennung von Gold als HQLA könnten die Schweizer Behörden den Banken einen wirkungsvollen Hebel bieten, um ihre Liquiditätssteuerung zu diversifizieren und zu stärken, die derzeit stark auf Staatsanleihen und Zentralbankreserven fokussiert ist.
Das wirtschaftliche Umfeld verstärkt diese Dynamik zusätzlich. Der Markt für physisches Gold durchläuft derzeit einen strukturellen Wandel, geprägt von wachsendem Interesse institutioneller Anleger an einem greifbaren Vermögenswert ohne Kontrahentenrisiko – im Gegensatz zu papierbasierten Goldprodukten.
«Für den Schweizer Finanzplatz wäre ein Update der Basel-III-Regeln ein internationaler Wettbewerbsvorteil.»
Zentralbanken – allen voran China – verfolgen eine aktive Strategie zur Diversifizierung ihrer Währungsreserven und haben im ersten Quartal 2025 insgesamt 244 Tonnen Gold gekauft. Dieses Streben nach geringerer Dollarabhängigkeit geht einher mit einer kontinuierlichen Akkumulation durch grosse Investoren, die nach Stabilität suchen.
Die Anerkennung von Gold als HQLA würde eine zusätzliche strukturelle Nachfrage seitens des Bankensektors schaffen, die den Goldpreis langfristig stützen könnte. Sollte Gold künftig 5 bis 10 Prozent der HQLA-Portfolios ausmachen, wäre ein zusätzlicher Preisanstieg von 200 bis 300 Dollar pro Unze denkbar.
Angesichts der globalen wirtschaftlichen Unsicherheit und des wachsenden Sicherheitsbedürfnisses der Investoren erscheint der Ausschluss von Gold aus dem HQLA-Rahmen zunehmend als regulatorischer Anachronismus. Für den Schweizer Finanzplatz wäre ein Update der Basel-III-Regeln nicht nur ein Schritt hin zu mehr Kohärenz, sondern auch ein internationaler Wettbewerbsvorteil.
Arthur Jurus ist Head of Investment Office bei ODDO BHF (Switzerland) Ltd.