Die Bank-Champions: Das sind die besten Marken im Swiss Banking
Rolex ist die stärkste Marke der Schweiz, Julius Bär führt bei den Bankmarken, und Nestlé bleibt die wertvollste. Doch worin liegt das Wesen der Schweizer Banking Brands? David Haigh, Gründer und Chairman von Brand Finance, sprach mit finews.ch über Preissetzungsmacht, Vertrauen, die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS – und worin die stille Kraft der Swissness liegt.
David Haigh ist kein gewöhnlicher Markenberater – der Gründer des Beratungsunternehmens Brand Finance ist gleichzeitig Erfinder einer ausgeklügelten Methode, die etablierte Instrumente der Finanzanalyse in die Welt der Markenbewertungen überträgt. Seit bald 30 Jahren prägt er dieses Fachgebiet mit einer methodischen Präzision, wie sie im Marketing selten zu finden ist.
Seine Bewertungsmodelle und Markenstärke-Analysen sind international anerkannt oder zertifiziert, auch von (halb-)öffentlichen Organisationen wie dem britischen Finanzamt (HM Revenue & Customs), der US-Steuerbehörde (IRS), dem britischen Verband der Wirtschaftsprüfer (ICAEW) sowie vom International Valuation Standards Council (IVSC).
David Haigh am IAA-Event in Zürich. (Bild: zVg)
Letzte Woche stellte Haigh seine Methodik erstmals einem Schweizer Publikum vor – im Rahmen eines Anlasses des Swiss Chapter der International Advertising Association (IAA).
Im Zentrum von Haighs Interesse stehen zwei Dimensionen: Markenstärke und Markenwert. Die Markenstärke wird über eine weltweite Umfrage unter mehr als 175’000 Personen in 40 Ländern gemessen – dabei fliessen Aspekte wie Bekanntheit, Glaubwürdigkeit und emotionale Wirkung der Marke ein.
Der Markenwert wiederum wird statistisch aus Veränderungen der Markenstärke und den Unternehmensumsätzen abgeleitet – anhand der bewährten «Royalty Relief»-Methode aus der Finanzanalyse.
In seiner neuesten Studie hat Haigh auch 15 Schweizer Banken bewertet – das Ergebnis ist ein detaillierter Blick auf ihre globale Markenpositionierung (siehe Tabelle weiter unten).
finews.ch hatte die Gelegenheit, mit dem 66-jährigen Engländer zu sprechen: tadelloser Anzug, perfekte Manieren, ein feiner Humor. Thema war die stille Kraft starker Schweizer Marken – insbesondere im Finanz- und Luxusbereich.
Herr Haigh, Rolex gilt als Königin der Schweizer Marken. Weshalb?
Rolex ist technisch gesehen die zweitwertvollste Schweizer Marke – Nestlé liegt beim Markenwert noch vorne –, aber in Sachen Markenstärke ist Rolex unangefochten. Die Marke wurde ursprünglich in London gegründet, von einem deutschen Unternehmer, und zog erst im Ersten Weltkrieg in die Schweiz um. Der Name «Rolex» ist eine Kurzform für «Horological Excellence».
Was Rolex so erfolgreich macht, ist die absolute Konsequenz: in der Qualität, im Design, in allem. Die Oyster-Modelle erkennt man sofort, und das Sortiment verändert sich nur behutsam über die Jahre. Dazu kommt das konsequente Sponsoring – Wimbledon, The Masters, Golf-Majors – überall ist Rolex präsent. Andere Uhrenmarken schaffen diese Sichtbarkeit nicht in gleichem Mass.
Unterscheidet sich Branding im Finanzbereich vom Luxussegment?
Ja, aber das Grundprinzip ist dasselbe: Vertrauen. Das ist das Fundament jeder starken Marke. In der Finanzwelt bedeutet Vertrauen: Sicherheit, Zugang, Schutz des Vermögens. Im Luxusbereich geht es um Qualität, Design und Glaubwürdigkeit. Und bei Autos – so paradox es klingt – ist Umweltverantwortung für viele Menschen zentral, obwohl Autos per se nicht besonders umweltfreundlich sind.
Julius Bär führt die Schweizer Bankenmarken beim Brand Strength Index an. Warum?
Die Marke hat eine hohe Bekanntheit und Sichtbarkeit. 2023 lancierte Julius Bär eine grosse Kampagne, die Wirkung zeigte. Sichtbarkeit ist der erste Schritt im Marketing-Funnel. Und obwohl es in der Vergangenheit vereinzelt Probleme oder Managementfehler gab, ist die Marke bemerkenswert stabil geblieben – sie gehört weiterhin zu den Top 3. Das ist die Stärke einer starken Marke: Sie kann Rückschläge verkraften.
Die Credit Suisse hingegen brach im März 2023 zusammen. War die Marke damals noch stark?
Wir haben die Marke jahrelang beobachtet. Es ist wirklich traurig. Viele Menschen mochten die Credit Suisse – sie bot einen guten Service, Roger Federer war Markenbotschafter, vieles wurde richtig gemacht. Aber Branding ersetzt kein gutes Management. Man kann sich nicht mit Marketing-Massnahmen aus der eigenen Inkompetenz befreien.
Wie hat sich die UBS seither entwickelt?
Im ersten Jahr nach der Übernahme der Credit Suisse im März 2023 stieg der Markenwert der UBS um 35 Prozent. Danach hat sich das Wachstum auf 2 bis 3 Prozent jährlich verlangsamt. Die Herausforderung liegt in der Integration – zwei Banken mit unterschiedlichen Kulturen zusammenzuführen, ist komplex.
Die kumulierten Markenwerte von UBS und Credit Suisse waren vor der Fusion höher als der heutige UBS-Wert. Woran liegt das?
Unsere Methode basiert auf Umsatzzahlen. Wir fragen: Wie viel müsste man bezahlen, wenn man die Marke nicht besitzen würde, sondern lizenzieren müsste? Dieser hypothetische Lizenzsatz – meist ein Prozentsatz des Umsatzes – bestimmt den Markenwert. Wenn der Umsatz sinkt, sinkt auch der Markenwert. Und genau das ist passiert, seit die Zinsentwicklung wieder rückläufig ist.
Insgesamt scheinen die besten Zeiten des Schweizer Bankensektors in Bezug auf den internationalen Markenwert vorbei zu sein: Ihr kumulierter Wert beträgt heute 21,9 Milliarden Dollar, was nur noch 1,3 Prozent des globalen Bankenwerts entspricht, verglichen mit einem Höchststand von 3,9 Prozent im Jahr 2008. Wie erklären Sie das?
Das hat mehrere Gründe. Erstens ist der globale Markenwert insgesamt stark gewachsen – vor allem durch den Aufstieg chinesischer und amerikanischer Banken. Zweitens haben Schweizer Banken Rückschläge bei der Reputation erlitten, vor allem durch regulatorische Auflagen nach 2008. Drittens hat die Fusion von UBS und Credit Suisse eine bedeutende eigenständige Marke eliminiert. Und viertens haben viele globale Banken aus anderen Ländern stark in digitales Marketing und Markenbildung für ein breiteres Publikum investiert – mit entsprechendem Effekt auf den Markenwert.
Führt eine starke Marke auch zu höherer Preissetzungsmacht?
Unbedingt. Starke Marken können höhere Preise verlangen, treffen auf weniger Widerstand und erzielen höhere Margen. Teilweise führt Markenstärke sogar zu tieferen Kapitalkosten. Bei Unilever war die Eigenkapitalrendite zeitweise tiefer, als es die Fundamentaldaten erwarten liessen – einfach, weil Investoren der Marke vertrauten. Irrational, aber so war es.
Gibt es Gemeinsamkeiten unter den 15 Schweizer Banken in Ihrer Rangliste?
Viele davon sind Privatbanken – solide, zuverlässig, stetig wachsend. Kein Spektakel, sondern stabile Performance. Ganz die Schweizer Art – und sie funktioniert.
Was ist das Erfolgsrezept der Schweiz im Finanz-Branding?
Im Verhältnis zur Grösse des Landes ist die finanzielle Bedeutung der Schweiz beachtlich. Die UBS ist eine sehr gute Bank. Julius Bär ebenso. Was sie auszeichnet, ist der persönliche Kontakt zum Kunden, Diskretion, hohe Servicequalität und Verlässlichkeit. In der Schweiz kennt der Banker seine Kundin oder seinen Kunden noch oft persönlich. Das gibt es anderswo kaum mehr.
Wie hängt das mit der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Schweiz zusammen?
Die Schweiz erzielt das höchste BIP pro Kopf weltweit, über 100’000 Dollar. Dahinter folgen Singapur mit 83’000 und die USA mit 80’000. Das hängt direkt mit der Erschaffung und der Nutzung von geistigem Eigentum und Marken zusammen. Die Schweiz kann das wie kaum ein anderes Land.
Sie bewerten auch Ländermarken. Wie schneidet die Schweiz dabei ab?
Die Schweiz liegt bei Reputation, Governance, Werten, Weiterempfehlung und Wirkung ganz vorne. Im Global Soft Power Index 2025 belegt sie Rang 8 unter allen Ländern. Eine bemerkenswerte Leistung, angesichts der nur 9 Millionen Einwohner. In Davos sagte Alexandre Edelmann, Leiter von Präsenz Schweiz: «Boring is the new sexy.» Das bringt es auf den Punkt: Keine Überraschungen. Dafür Präzision, Qualität, Verlässlichkeit.
Bank | Brand Strength Index | BSI Rating | Markenwert (Millionen Franken) |
---|---|---|---|
Julius Bär | 78.2 | AA+ | 1’821 |
Pictet | 77.1 | AA+ | 1’684 |
Lombard Odier | 73.7 | AA | 459 |
Banque Privée Edmond de Rothschild | 69.6 | AA | 328 |
Vontobel | 68.3 | AA- | 478 |
J. Safra Sarasin | 66.1 | AA- | 496 |
UBS | 63.2 | A+ | 12’868 |
St.Galler Kantonalbank | 63.0 | A+ | 318 |
EFG International AG | 61.3 | A+ | 485 |
BEKB | BCBE | 60.7 | A+ | 328 |
Zürcher Kantonalbank | 53.3 | A- | 1’484 |
Luzerner Kantonalbank | 41.0 | BB | 218 |
Basler Kantonalbank | 37.8 | B | 165 |
BCV | 36.7 | B | 280 |
Valiant Bank | 36.6 | B | 225 |
Quelle: Brand Finance. Methodische Anmerkung: 7 der 15 Banken werden primär als Privatbanken klassifiziert und daher bei Umfragen nur unter vermögenden Kundinnen und Kunden bewertet. Die Privatbanken haben eine globale Abdeckung, angepasst an ihre internationale Präsenz. Das Privatbank-Panel (High-Income-Boost) deckt 9 Märkte mit insgesamt 7'900 Befragten ab, in der Schweiz sind es 1'650. Das Retailbank-Panel hat eine weltweite Stichprobengrösse von ~34'000, davon 1'992 in der Schweiz. UBS wird als Universal- und Retailbank eingestuft.