SIX erwägt Aufwertung der Fedafin-Ratings im SBI

Die Börse eröffnet eine Konsultation zum Ratingkriterium für die Aufnahme von Anleihen in den Swiss Bond Index. Im Auge hat sie vor allem inländische Unternehmen, die zum ersten Mal eine Emission lancieren wollen. Internationale Agenturen kommen für diese aus Kostengründen oft nicht Frage – und die Auswahl an inländischen Anbietern ist sehr überschaubar.

Wird die Ratingregel, die (zusammen mit weiteren Bedingungen) darüber entscheidet, ob Emittenten bzw. ihre Anleihen Einlass im Swiss Bond Index (SBI) finden, bald angepasst? Die Frage ist für den Schweizer Kapitalmarkt relevant, geht es doch mit dem SBI um die Benchmark für den Frankenanleihenmarkt schlechthin. Im SBI ist der allergrösste Teil der an der SIX Swiss Exchange kotierten Anleihen in- und ausländischer Emittenten enthalten, zurzeit beträgt die Indexkapitalisierung rund 580 Milliarden Franken.

Am Dienstag hat die SIX eine Konsultation zur Ratingregel eröffnet, Marktteilnehmer können ihre Rückmeldung bis am 29. August einreichen. Das Ziel der Übung besteht laut SIX darin, Informationen aus dem breiten Markt zum Thema Aufnahme von Anleihen von erstmals auftretenden Schuldnern zu sammeln. Anstoss dazu haben offenbar entsprechende Anfragen von Börsenkunden und SBI-Nutzern gegeben.

Zweiklassengesellschaft zwischen ausländischen und inländischen Ratinganbietern 

Worum geht es? Bisher muss ein Schuldner (bzw. seine Anleihe) ein sogenanntes Composite Rating von mindestens BBB aufweisen, damit seine Anleihe in den SBI aufgenommen wird. Die Börse stellt für das Composite Rating zum einen auf die Bonitätsbewertungen der drei internationalen Agenturen Standard & Poor's (S&P), Moody's und Fitch und zum anderen auf diejenigen der drei inländischen Ratinganbietern UBS, Zürcher Kantonalbank (ZKB) und Fedafin ab.

Bei zwei verfügbaren Ratings entspricht das Composite Rating dem schlechteren Rating, und bei drei verfügbaren Ratings wird der Median (also das mittlere Rating) verwendet.

Zwei von drei müssen es sein

Allerdings besteht bisher zwischen den internationalen Agenturen und den inländischen Anbietern eine klare Hierarchie. Priorität geniessen die Einstufungen der internationalen Agenturen, erst wenn eine Anleihe von ihnen nicht bewertet wird, kommen die Inländer zum Zug. Ausserdem genügt für den Einzug in den Index ein einziges Rating von S&P, Moody's oder Fitch. Schuldner ohne ein solches Rating müssen aber von mindestens zwei Anbietern aus dem Trio UBS, ZKB und Fedafin bewertet sein, um SBI-fähig zu sein.

Diese Regelung kann insbesondere für inländische Debütanten am Anleihenmarkt unfriedigend sein. Denn die Aufnahme in den SBI ist ein wichtiges Qualitätsmerkmal und für viele Investoren oft sogar Bedingung, dass die Anleihe überhaupt in ihr Anlageuniversum kommt. Doch aus Kostengründen wollen sich solche Emittenten meist nicht von einer grossen Agentur bewerten lassen. Sie müssen sich also ein Rating von zwei der drei Schweizer Anbieter (oder gleich von allen drei) einholen.

Herausforderungen für inländische Anleihendebütanten

Früher war die Auswahl grösser, zählte doch auch die Credit Suisse (CS) zu den inländischen Ratinganbietern –, noch früher war die Bank Vontobel ebenfalls mit von der Partie.

Die SIX spricht in ihrem Konsultationspapier von «Herausforderungen», vor denen Schweizer Erstemittenten insbesondere aus dem Unternehmenssektor stehen, weil es einen Mangel an Investmentresearch inländischer Banken gibt. Dabei ist der möglichst stolperfreie Zugang zum heimischen Anleihenmarkt für solche Schuldner besonders wichtig. Erstens steht ihnen der internationale Bondmarkt (ganz im Gegensatz zu den Giganten wie Roche, Novartis & Co) nicht zur Verfügung, und zweitens haben viele Banken die Zügel im Firmenkreditgeschäft angezogen.

Ein spezielles, von der Börse nicht erwähntes Problemfeld können «Rating Restrictions» darstellen, wenn also eine Schweizer Bank einen Emittenten temporär nicht mehr bewerten darf – gemäss dem SBI-Regelwerk darf dann das bisherige Rating maximal sechs Monate weiterverwendet werden.

Lässt sich Raiffeisen doch noch erweichen?

Die SIX hält bedauernd fest, dass sie keine Kenntnis von Absichten von Banken oder Bankengruppe habe, die zusätzliches Investmentresearch anbieten wollten, das als frische Quelle in das Composite Rating einfliessen könnte. Die Börse hält aber auch ausdrücklich fest, dass sie solche Initiativen ermuntern und unterstützen würde.

Die natürliche Kandidatin für eine neue inländische SBI-Ratinganbieterin wäre Raiffeisen, die ja auch schon im Emissionsgeschäft und im Obligationenhandel eine wichtige Akteurin ist.

Die natürliche Kandidatin ziert sich

Roger Reist, der bei Raiffeisen Schweiz das Departement Firmenkunden, Treasury & Markets leitet, hatte im März in einem Gespräch mit finews.ch auf die Frage, ob sein Institut nicht in die Lücke springen möchte, die CS hinterlassen hat, geantwortet: «Die Ratingabdeckung ist heute gut genug, aber wenn sich am Markt ein klarer Bedarf nach einem zusätzlichen Anbieter zeigt, würden wir den Aufbau einer eigenen Bonitätsanalyse prüfen.»

Da es Stand heute nicht absehbar ist, dass die Auswahl wieder vielfältiger wird, erwägt die SIX eine Aufwertung von Fedafin. «Unter bestimmten Bedingungen» könnte dann auch nur das Rating von Fedafin genügen, um im SBI Einlass zu finden. Das würde für die einzige von der Finma anerkannte inländische Ratingagentur eine klare Aufwertung bedeuten.

Vorarbeit von Fedafin trägt Früchte

Deren Geschäftsführer Adrian Oberlin prophezeite im April in einem Interview mit finews.ch, dass angesichts der internationalen Entwicklung auch hierzulande die von den Banken erstellten Ratings über kurz oder lang lang wegfallen würden.

Und er machte bei dieser Gelegenheit auch klar, wie er Fedafin positionieren möchte: «Wir setzen uns seit geraumer Zeit dafür ein, dass unsere Ratings künftig auch allein – und nicht nur wie bisher gemeinsam mit einem Bankenrating – für den SBI qualifizieren, insbesondere bei neuen Emittenten oder wenn bei bestehenden Schuldnern Bankenratings wegfallen. Dies würde es allen anderen Banken ermöglichen, auch ohne UBS und die ZKB Bonds zu platzieren, was jetzt faktisch nicht möglich ist bei neuen Emittenten, die in den SBI wollen.»

Ergebnisoffener Prozess

Noch ist es aber nicht soweit, und es ist auch denkbar, dass sich nach der Konsultation gar nichts ändert. Der Prozess wird noch etwas dauern: Die gesammelten Rückmeldungen werden konsolidiert und sowohl intern als auch mit der Bond-Index-Kommission überprüft.

Erst nach diesen Abklärungen wird die SIX entscheiden, ob die Ratingregel revidiert wird oder nicht. Eine Änderung träte frühestens drei Monate nach ihrer Bekanntgabe in Kraft.